Hauptbereich
500 Jahre Silhouette Gingen
Im Jahre 2012 feierte Gingen ein besonderes Jubiläum - vor 500 Jahren entstand seine typische Dorfansicht. Schon ab dem Süssener Ortsausgang erblickt man Fils aufwärts die mächtige Gingener Johannes-Kirche [wie ein Bollwerk] mitten im Eingang des Taltrichters in Richtung Geislingen. Die Berge umrahmen dieses eindrucksvolle Bauwerk mit seinem, im Sonnenlicht goldgelb leuchtenden Turm.
Die Schenkung der Königin Kunigunde (915)
Im Februar 915 verfügte die deutsche Königin Kunigunde die Stiftung des zentralen Ortes Gingen und sieben weiterer Siedlungen an das Kloster Lorsch an der Bergstraße. Lorsch baute seine Exklave systematisch aus - ein Gebetshaus wurde im Jahre 984 eingeweiht, von dem die älteste Kircheninschrift Deutschlands in karolingischen Buchstaben bis heute erhalten ist. Dieses erste Bethaus entwickelte sich zur Keimzelle einer Urpfarrei. Für die Verwaltung entstand ein Herrschaftszentrum und vielleicht am Ende des 10. Jahrhunderts die Gingener Obere Mühle.
Das Stauferdorf (1147-1268)
Im Jahre 1147 vereinbarten der erste Stauferkönig Konrad III. und das Kloster Lorsch den Besitzwechsel des im staufischen Kerngebiet gelegene Gingen samt den umliegenden Besitzungen. Mit der ersten staufische Königsurkunde für den Landkreis Göppingen entwickelte sich dieses Dorf von der Lorscher Exklave hin zum staufischen Grenzort gegenüber der Grafschaft Helfenstein. Die Dorfkirche samt ihrem umfangreichen Vermögen verblieb jedoch weiterhin in der Hand des Klosters und ging 1232 an das Erzbistum Mainz über. Das ergab eine selten in der deutschen Geschichte zu beobachtende Situation: die Dorfherrschaft lag in der Hand des Königs und das Kirchenpatronat in der Hand des deutschen Erzkanzlers. Die damalige Dorfverwaltung erledigten wohl die Ritter von Gingen. Am Ende der Stauferepoche entstand der mächtige Kirchturm, der seither den Eingang zum Filstal Richtung Geislingen bewacht.
Versorgungsgrundlage einer Helfensteiner Gräfin (nach 1300-1403)
Erst mehrere Jahrzehnte nach dem Aussterben der Staufer standen die Grafen von Helfenstein nach 1300 endgültig als Gingener Dorfherren fest. Der Ort besaß mit seiner Lage am Eingang des Filstales und an der Verbindungsstraße der beiden großen europäischen Wirtschaftszentren in Flandern sowie Venedig in Italien eine große strategische Bedeutung. Zwischen 1372 und 1403 diente Gingen mit seinen Abgaben zur Versorgung der letzten Helfensteiner Gräfin in Geislingen, Maria von Bosnien. Erst nach ihrem Tod ging der Ort 1403 an die Reichsstadt Ulm über.
Reichsstadt Ulm contra Reichserzkanzler in Mainz (1403-1607)
Unter der Ulmer Herrschaft entwickelte sich Gingen zum zweitgrößten Dorf in dessen großen Territorium. Im Städtekrieg zerstörte Württemberg um 1450 das Dorf. An der Kirche erfolgte in den 1460er Jahren der Umbau zum gotischen Chor. Im Jahre 1512 wurde der Bau des heutigen Langhauses abgeschlossen. Seit dieser Zeit prägt das Erscheinungsbild der Johanneskirche den Taleingang nach Geislingen Erstmals im Bild festgehalten wurde die bis heute prägende Silhoutte im sogenannten Filstalpanorama von 1535.
Die Gestaltung des Kircheninneren fand mit dem monumentale Weltengericht-Fresko von 1524 seine Vollendung und zeigt erste Einflüsse der italienischen Renaissance. Konflikt geladen war die Zeit nach der Reformation - die Reichsstadt führte den neuen Glauben zwar ein, doch bis zum Beginn des 17. Jahrhunderts gehörte die Kirche weiterhin dem Mainzer Erzbischof und Reichserzkanzler. Im 30jährigen Krieg nutzen alle Kriegsparteien die wichtige Reichsstraße in Richtung Ulm. Plünderung, Hunger, Seuchen und 1634 sogar die Zerstörung des Ortes waren die Folgen. Der Wiederaufbau von Gingen zog sich bis 1660 hin und prägt seither die Struktur der Straßen und Gebäude im Dorfkern.